Velocity und Vorhersagen

Keine Tour ohne Planung. Keine Planung ohne Fehler. Um überhaupt mal irgendwas planen zu können, bin ich von einer gewissen Durchschnittsgeschwindigkeit ausgegangen. Basierend auf meinen Radtouren rund um München, versehen mit einem großzügigen Abschlag, dachte ich an 18 Km/h. Das werde ich nie und nimmer erreichen. Die Annahme war Quatsch.

Meine Durchschnittsgeschwindigkeiten steigen langsam an, heute habe ich 15,4 Km/h erreicht. Es gab auch mal eine 16,1 Km/h, aber das war eine mit 60 Km recht kurze Strecke und vor allem hatte ich massiven Rückenwind. Heute hatte ich einen kräftigen Gegenwind. Vor allem aber ist die Durchschnittsgeschwindigkeit vom Streckenprofil abhängig. Hier gibt es praktisch keine Ebenen und viele Straßen gehen Hügel den direkten Weg bergan und auch wieder bergab. Bergan macht sich die schiere Masse aus Fahrer, Gepäck und Fahrrad bemerkbar. Bergab kann man auf den kleinen engen Straßen leider auch so brettern, wie man das will.

Dennoch hilft die regelmäßige Geschwindigkeitsmessung. Die Planung der   nächsten Etappen wird auf ein immer solideres Fundament gehoben. Ich schaue mir das Profil genauer an und gemeinsam mit der Wettervorhersage wird eine immer realistischere Planung einer sinnvollen Etappenlänge möglich. Dabei wird die steigende Leistungsfähigkeit mit eingeplant. Und schließlich, bin ich im Urlaub! Es bringt nichts, irgendwelche obskuren Leistungsziele erreicht zu haben, aber nichts gesehen zu haben. Pausen und Abstecher müssen immer möglich sein und die Städte der Quartiere besichtigt werden können.

Blick auf den Kirchturm von Boston

Eines kann man nicht einplanen: Wenn die Wettervorhersage falsch liegt. Nach der Wettervorhersage hätte ich heute gar nicht losfahren dürfen. Wind von vorne und Regen. Der Wind war da, der Regen nicht. So lag ich am Ende 45 Minuten vor der Tagesplanung. Eine andere Sache konnte ich auch nicht vorhersehen: Bislang waren waren die Straßen immer von hohen Hecken gesäumt. Diese Hecken sind gute Windbrecher. Heute gab es zum ersten Mal kaum Hecken. Die Landschaft erinnerte vielmehr an das Emsland.

Ein kleiner Deich und immer geradeaus

Messen, planen, Fehler eingestehen und immer auf die Beine hören!

Lamb Shank & IPA

Heute bin ich bei guten Bedingungen nach Fakenham geradelt. Untergekommen bin ich im Wensum Lodge Hotel. Fakenham ist ein beschaulicher kleiner Ort und das Wensum Lodge Hotel ist ein kleines gutbürgerliches Landhotel.

Hier werden 6 Biere am Fass angeboten, darunter 2 IPAs. England hat kulinarisch echt was zu bieten. Auch in den Stationen zuvor ist mir aufgefallen, das die Pubs und Wirtshäuser interessante Bierauswahlen bieten.

Zum Start habe ich mich für ein Greene King East Coast IPA entschieden: Es ist mit 4 VOL Alkohol leicht, mit den Aromen exotischer Früchte in der Mitte und einer leichten Hopfenbitterkeit im Abgang.

Unteressen habe ich von der Tageskarte die Lamb Stank mit mashed potatoes und mixed vegetables gewählt. Die Lamb Shank ist ein Stück, wie eine Schweinshaxe. Sie ist butterzart, sehr aromatisch und wird in reichlich dunkler und sehr schmackhafter Soße serviert. Die mixed vegetables bestehen aus Lauch, Brokkoli, Zucchini und grünen Bohnen. Das Gericht war sehr fein im Geschmack und eine ordentliche Portion.

Zum Abschluss habe ich mir ein Greene King IPA gegönnt. Das Bier ist deutlich dunkler und malziger, als das East Coast IPA, die Fruchtaromen im Mitteltrunk sind dezenter und mit Orangennote, die gut mit den Malzaromen harmoniert Im Abgang dominieren die wieder die Malzaromen. Bitterhopfen war kaum zu schmecken.

Wenn ich mir die Bierkultur so anschaue, nähern sich deutsche Hipster-Kneipen in angesagten Großstadtvierteln gerade englischen Landgasthöfen an.

Norwich

Ich wollte nicht nach Norwich. Schon bei den Planungen war ich bereit Norwich nur zu durchqueren. Und jetzt kurzfristig wollte ich wegen des Etappenzuschnitts nicht nach Norwich, sondern 25 Km weiter.

Da hätte ich beinahe was verpasst. Die möglichen Zielorte waren ausgebucht, in Norwich gab es noch was.

Norwich ist eine lebendige und vielfältige Stadt. Sie hat ein beeindruckendes  Castell, eine schöne Altstadt mit Fußgängerzone, die  tolle Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten bietet und eine Kathedrale.

Der Markt von Norwich

Die Kathedrale ist nur eine von ziemlich vielen alten Kirchen in der Stadt. Sie hat vor allem beeindruckende Fenster. Wunderschöne  alte bis ganz moderne Kirchenfenster zaubern beeindruckende Lichteffekte in die Kirche. Auch bei der sakralen Kunst geht’s von ganz alt bis in die Gegenwart. Das ist die Kirche einer Gemeinde. Und obwohl im Ursprung uralt, wird sie weiterentwickelt. Die Ursprünge sind vorgotisch, Baubeginn war immerhin 1096, zum Teil sind auch gotische Elemente zu entdecken.

Die Kathedrale von hinten

Weil die Kathedrale nicht so überlaufen ist, wie z.B. die Kathedrale von Canterbury konnte sie mich mich eine starke Wirkung entfalten. Abseits der Hauptzugänge liegt liegt ein malerisches und sehr ruhiges altes Viertel. Da kann man die Kathedrale von hinten fotografieren.

Die Gezeitenmühle in Woodbridge

Woodbridge ist ein malerischer kleiner Ort. Hier gibt es eine der wenigen erhaltenen Gezeitenmühlen. Die Mühle wird 1170 erstmals erwähnt. Klar ist, Kraftmaschinen gibt es schon lange und vor der Erfindung der Dampfmaschine nutzten sie alle grüne Energie.

Das Prinzip ist einfach: Eine Gezeitenmühle ist eine Wassermühle, bei der der rauschende Bach mit Hilfe des Tidenhubs erzeugt wird. Woodbridge liegt am Flüsschen Deben, der ins Meer mündet und der Tide unterworfen ist. Bei der Mühle wurde ein Speichersee errichtet, in den bei auflaufendem Wasser Wasser eingeleitet wird. Durch eine einfache Schleuse wird das Wasser bei ablaufenden Wasser im See zurück gehalten. Ist das Wasser im Deben tief genug gesunken, wird ein Rohr geöffnet und das Wasser aus dem See wird auf das Wasserrad der Mühle geleitet.


Die Mühle mahlt so für zweimal 4 Stunden täglich. Die Mahlzeiten waren und sind abhängig vom Tidenkalender.


In der Mühle ist heute ein hübsches Museum eingerichtet. Anhand eines Modells erläutert einer der freundlichen Herrn des Museums das Prinzip gerne. Die Zeiten, in denen das Mühlrad bewegt wird, werden auf der Internetseite des Museums veröffentlicht. Ich habe beherzt in die Pedale getreten und war zur Zeit da.

Zur Homepage des Museums

Wegführung I

Die Wegführung des Nordseeküstenradwegs, bzw. der NCR 1 führt überwiegend über Nebenstrecken. Kurze Stücke führen über Radwege stark befahrener Hauptstrecken und ca. 10 % der Strecke gehen über Wald-und Feldwege. Die Ausschilderung ist gut, allerdings war der GPS-Track das eine oder andere mal sehr hilfreich.

Das Miteinander von Auto- und Radfahrer auf den Nebenstrecken ist sehr gut. Die allermeisten Autofahrer halten Abstand, viele halten für einen Radfahrer an. Ein freundlich anerkennender Gruß ist hier angebracht und wird gerne erwidert. Umgekehrt verhält es sich genauso. Die Steigungen sind bisweilen steil und ein Treckingrad mit einem Gesamtgewicht von 140 Kg ist dann langsam unterwegs. Da fahre ich an unübersichtlichen Stellen links ran und lasse Autos überholen. Auch dies wird immer mit einem freundlichen Gruß quittiert.


Und natürlich gibt es auch hier die armen Schweine, die ihren Frust, ihren Hormonhaushalt oder was auch immer nur mit Gaspedal und Lenkrad ausgleichen können. Heute bin ich keinem davon begegnet.

Ein echtes Manko der Wegführung ist, das der Nordseeküstenradweg  in England nur in der Nähe der Nordseeküste verläuft. Da wird jeder Blick auf’s Wasser natürlich zelebriert. Statt dessen gibt es Höhenmeter satt. Wirklich eben ist hier nichts. Die vielen Steigungen, die schmalen, wenig befahrenen Straßen, praktisch ohne Geraden sind nie langweilig zu fahren, nur die Nordsee sieht man eben selten.

 

Und weil es so besonders ist, gibts noch ein Bild mit Wasser und Schiffen in Malfon obendrauf.

Kartoffelsalat mit Minze

junge kleine Kartoffeln
4 Eier
Cornichons
Mayonnaise
Senf, englischer scharfer
Minze
Salz/Pfeffer

Die jungen Kartoffeln gründlich putzen und mit Schale als Pellkartoffeln kochen. Kartoffeln nicht sofort abgießen, sondern nach dem Kochen eine gute Handvoll frische Minze ins Kartoffelwasser geben. Die Kartoffeln mit der Minze 10 Minuten ziehen lassen, dann abgießen.

Cornichons und drei Eier klein haken und mit der Mayonnaise und dem Senf ein Dressing herstellen, mit Salz und Pfeffer würzen. Die Kartoffeln mit Schale grob in Scheiben schneiden und mit dem Dressing vermischen. Das verbliebene Ei vierteln und mit frischer Minze zur Garnitur verwenden.

Dazu passt gegrilltes Fleisch.

Punting Boat

Meine Cousine Sonja hat die Idee: Cambridge mit dem Punting Boat erkunden.  Sie hat das schon mal gemacht und war ganz begeistert.

Viele der altehrwürdigen Colleges liegen am Flüsschen Cam. Bei derTour steuert ein Früher den Stechkahn über die Cam und erklärt die am Ufer liegenden Sehenswürdigkeiten. Das ist in mehrerlei Hinsicht interessant. Man bekommt Cambridge erklärt und man erlebt allerlei lustige Begebenheiten auf dem Fluss. Es gibt nämlich nicht nur geführte Touren, sondern man kann sich auch auch selbst ein Punting Boat leihen und staken. Das ist bisweilen lustig mit anzusehen, wie da im Zickzack die volle Flussbreite ausgenutzt wird. Und dann die Vollprofis, vor allem die mit komplett weiblicher Kundschaft: Da wird Wert auf Eleganz und Lässigkeit gelegt. Dumm nur, wenn man dann den Stecken verliert und andere Boote eine Rettungsaktion durchführen müssen, oder schlimmer noch, mit der Hand zurück gepaddelt werden muss.

Wir waren an einem Samstag Nachmittag da und war extrem belebt. Eine Dreiviertelstunde warteten wir auf unser Boot und auf dem Wasser gab es Stau. Andererseits sahen wir mehrere Hochzeitsgesellschaften und diverse Gruppen die Junggesellenabschied feierten. Das war lustig anzusehen.

Die Punting Boat Tour mit Führer ist teuer und ein unbedingter Tipp.

Krank

Die Tage hatte ich Fieber, nun Schmerzen beim Wasserlassen. Das ist verdächtig. Daher beschließe ich, das englische Gesundheitssystem besser kennen zu lernen. Gott sei Dank bin ich gerade zu Gast, bei meinen englischen Verwandten. Ich muss in ein „Walk through“ einer Art Notdienst in einem Gesundheitszentrum. Mein Onkel Malcolm bringt mich hin, meine Tante Waltraud begleitet mich für alle Fälle.

Ich fülle ein Formular mit Name, Anschrift usw. weiter aus und muss ca. 10 Minuten warten. Dann kommt eine Befragung, eine Urinprobe wird vor Ort ausgewertet und sofort ist die Diagnose da: „urine-infection“, eine Harnwegsinfektion. Die Ärztin verschreibt ein Antibiotikum und wir besprechen, wann ich wieder radeln darf. 48 Stunden Pause wären angeraten. Wenn es mir dann gut geht, darf ich im Schongang weiter radeln. 65 Pfund, und weiter geht’s. Schau’n wir mal, was die Krankenversicherung sagt.

Weitere zwei Tage bei meinen Verwandten, das ist Glück im Unglück.

Der Besuch im Gesundheitszentrum war schnell und unkompliziert.

London’s Calling

Ab Dartfort ist Nähe Londons präsent. Die Wegführung ist bis Greenwich meist nah an der Themse. Dann kommt die Cutty Sark, die auf der einen Seite sehr beeindruckend ist, auf der anderen mit angebautem Rummel auch an Wirkung verliert.

Am Ende siegt das Näschen. Ich finde ein Hotel in Leyton und im Bar/Restaurant-Bereich sehe ich jemand ein Craft-Beer trinken. Kurze Recherche:


Brew Dogs Punk IPA: kompromisslos gehopftes IPA mit hopfenbitterkeit schon im Antrunk. Im mittleren Teil Fruchtaromen, im Abgang Hopfenbitter.

Das passt für mich: London Punk IPA.

Die Brauerei liegt bei Aberderdeen quasi auf dem Weg. Ab jetzt habe ich ein neues Zwischenziel.

Pannen

Auf dem Weg nach London, nahe Dartfort, führte der Weg über einen engen Naturpfad mit Dieseln zur rechten und Brombeergestrüpp zur rechten.  Ich habe es  erst gehört, und dann sehr schnell gespürt: Der Hinterreifen entlässt seine Luft. Kurz ärgern, dann nachgedacht, die Pannenflüssigkeit würde zum Einsatz kommen. 


Nur 500 m weiter war die Luft wieder draußen. Ein schmaler Pfad in einem Naturschutzgebiet und Nieselregen sind keine Idealumgebung für einen Schlauchwechsel, aber ich kann es nun mal nicht ändern. Beim Schlauchwechsel fiel mir eine Stelle auf, an der die Pannenflüssigkeit nach außen getreten war.  Eine kurze Untersuchung ergab, die Karkasse war an der Stelle an der Seite brüchig und bereits porös. Der Entschluss war klar: ein neuer Mantel muss her. Als habe ich geschaut, ob am Wegesrand ein Fahrradgeschäft ist. 

Greenwich und die Cutty Sark bewundert, die Themse im alten Fußgängertunnel unterquert und bereits im Victoriapark merke ich erneut, wie das Hinterrad schnell Luft verliert. Der Victoriapark ist ein angenehmer Ort zum Rad flicken. Der Entschluss war klar: Google zeige mir die nahegelegenen Fahrradgeschäfte. Nix wie hin und einen neuen Mantel erwerben.

Wenn ich das Problem sofort vollständig gelöst hätte, hätte ich mir mindestens eine Stunde Bastelarbeit sparen können! Ich bin auf einem Haufen technischer Schulden rumgeradelt.