Glenmorangie und ein Bach

Direkt an der Strecke von Tain nach Lairg liegt die Destillerie Glenmorangie. Das reicht als Grund, um dem Betrieb einen Besuch abzustatten.

Für 7 Pfund Eintritt gibt es eine 45 minütigen Führung und eine Whisky-Probe. Die Führung ist gut gemacht. Sie spricht die Sinne an, es gibt vor allem immer wieder etwas zu riechen und jeweils gute Erklärungen dazu. Der Produktionsprozess wird gut erklärt und auch die Geschichte der Brennerei kommt nicht zu kurz.

Exklusiver Fahrrad-Parkplatz

Ein für mich interessanter Aspekt ist, das die Destillerie ursprünglich eine Brauerei war. Die Zutaten für Whisky und Bier unterscheiden sich ja nicht so sehr. Der Brauereibesitzer dachte, er könne mit der Whiskyproduktion mehr Geld verdienen und sattelte um. Aus der Gründungsphase der Brennerei ergeben sich sich auch andere Aspekte der Produktion, die bis heute weiter gelten. Zum Abschluss der Führung gibt es ein Gläschen 10-Jährigen mit Erläuterungen. Ein lohnenswerter Besuch.

Auf der Fahrt nach Lairg geht es sehr lange am Dornoch Firth entlang, der sich bis weit ins Landesinnere erstreckt. Als er passiert ist, wird es interessant. Erst kommt unerwartet eine Tragepassage, denn an einer Eisenbahnbrücke gilt es eine Treppe zu überwinden. Und dann folgen bald die letzten 10 Km dieser Etappe, die sehr schön an einem wilden Flüsschen entlang gehen. Auf der einen Seite rauscht der Bach, auf der anderen Seite wird die Natur merklich rauer. 

Sehr beeindruckend war auch ein Konvoi aus Anglerautos, bei denen Riesenangeln außen angebrachte waren. Beim Rauschen des Wassers denke ich heute trotzdem nicht an Fische, sondern an die Quelle, aus der das Wasser für den berühmten Whisky entnommen wird. Slange Var!

Wildes Wasser

Eine Sorge weniger

Seit ungefähr drei Wochen plagt mich der Gedanke, schleppe ich zu viel Ausrüstung mit mir rum? Immer wieder begegne ich Radlern, die mit wesentlich weniger Gepäck unterwegs sind und dementsprechend auch besser die Steigungen hochkommen.

Heute morgen ist das Wetter nicht gut, es ist auch nicht schlecht, mal kommt die Sonne raus, mal gibt es Nieselregen. Aber zu Beginn der Fahrt ist es gerade mal 12 Grad warm. Mit einem leichten Nieselregen von der Seite ist die wärmere Radhose und das lange Unterhemd als zweiter Base-Layer sehr angenehm. Ich bin froh, die warme Radbekleidung dabei zu haben.

Auf in die Highlands

Nach einem eher trüben Tag in Inverness ist es heute strahlend schön. Heute geht es in die Highlands. Von der Brücke über den Firth of Beauly werfe ich noch mal einen Blick auf Inverness, und von ab, wird der Blick nach vorne und vor allem zur Seite gerichtet. Der Weg führt über zum Teil frisch asphaltierte Straßen eine Hügelkette hinauf. Zur rechten liegt jeweils das Meer. Bei schönem Wetter ergeben sich immer wieder tolle Ausblicke. Bei sonnigem Wetter und Rückenwind macht das Radeln auch besonders viel Spaß. Obwohl, ein paar Tropfen bekomme ich in den Hügeln zwischendurch ab, aber das macht nichts.

Wälder, Wiesen, Felder und Buchten

Nach einer langen und genussvollen Abfahrt erreiche ich Cromarty. Dort soll mich eine Fähre über den Firth of Cromarty nach Nigg bringen. Und wenn es läuft, dann läufts. Am Anleger ist ein hübsches kleines Café, ich komme mit netten Leuten ins Gespräch und irgendwann macht mich ein Gast aufmerksam: „Die Fähre ist da!“.

Blick von der Fähre nach Nigg

Die Überfahrt ist ein exklusives Vergnügen, denn ich bin der einzige Passagier auf der kleinen Fähre. Von Nigg aus geht es dann weiter nach Tain. Es geht immer über wenig befahrene Nebenstrecken und bis sich der Weg nach Osten wendet, habe ich Rücken- oder Seitenwind.

Die Strecke ist 68 km lang und es werden gut 600 Höhenmeter überwunden. Als ich in Tain eintreffe, denke ich, das hätte auch noch ein Stündchen länger sein dürfen. Als ich aus der Dusche komme, regnet es draußen. Die Highlands begrüßen mich freundlich und mit einem guten Timing.

Inverness ist voller Touristen

Meine Ankunft in Inverness gestaltet sich ungemütlich. Erst geht ein Regenschauer nieder, dann spukt eine Schule, kurz bevor ich an ihr vorbei muss, 500 Schüler aus, und dann geht’s im Feierabendverkehr über eine Hauptverkehrsstraße. Eines muss man der Autofahrernation Großbritannien lassen, die stehen diszipliniert ist Stau.

Irgendwann habe ich das alles hinter mir und es geht einen unglaublich steilen Weg nach unten. Verheißungsvoll tönt ein Saxophon in der Ferne. Als ich auf die Fußgängerzone von Inverness gelange, reißt die Sonne auf, ein Straßenmusikant spielt und von der Seite höre ich „Nein Inge, das kann ich nicht fotografieren, bei dem Licht.“ Die Stadt ist voller Touristen, und ein nicht unbeträchtlicher Teil davon sind nicht mehr ganz junge Deutsche in Outdoorkleidung. Hier kann ich mich unauffällig bewegen. Natürlich sehe ich als nächstes Asiaten mit Kamera und Rollkoffer, aber ohne Selfie-Stick. Das ganze hat Atmosphäre.


Die Sehenswürdigkeiten sind auf ein überschaubares Areal begrenzt. Herausragend ist für mich der viktorianische Markt. Der ist überdacht und neben echtenTraditionsgeschäften gibt es ein paar echt obskure Buden, einschließlich Wahrsager. Auch das Museum ist ganz interessant. Um 18:00 Uhr machen die Geschäfte zu, aber die Gastronomie der Stadt ist vielfältig und das Leben geht weiter.

Abend in Inverness

Banff – Elgin – Inverness – Radeln macht Spaß

Der Weg nach Banff war Arbeit. Banff selbst ist eine hübsch anzuschauende Kleinstadt mit eingeschränkten Vergnügungsmöglichkeiten. Immerhin ist meine Unterkunft im 18. Jahrhundert mal für einen Admiral errichtet worden. Für 50 Pfund übernachte ich angenehm in der Gesindekammer unter dem Dach. 

Am nächsten Tag ist das Wetter gut. Es ist nicht warm aber die Sonne scheint und der Wind ist tendenziell Rückenwind. Die Route  führt direkt die Küste entlang. Es gibt immer wieder schöne Blicke aufs Meer. Die kleinen Orte an der Küste sind ruhig und auf den ersten Blick nicht zu sehr vom Tourismus geprägt. Die Route folgt ein ganzes Stück einer alten Eisenbahnstrecke. Ab Buckie geht es dann landeinwärts nach Elgin. Dort endet ein schöner Radeltag.

Blick auf Strand und Hafen von Cullen

Am nächsten Morgen geht es in Elgin es erst mal bergan. Die erste Steigung ist immer unangenehm. Der Körper sagt: „Warum immer irgendwo rauf fahren? Im Bett war es doch schön!“ Der Geist antwortet: „Halt’s Maul. Das ist erst der Anfang.“ Der angekündigte kräftige Gegenwind ist zunächst einer lauer Seitenwind. Die Landschaft ist schön und in Forres komme ich an einer Destille vorbei. „Open“ steht daran. Ich halte nicht an, schließlich hatte ich vor dieser Etappe Respekt. Mit ca. 85 Km ist sie recht lang, die signifikanten Steigungen sind am Ende und Gegenwind mit Windstärke 5 ist angekündigt.

Ab Mittag schlägt der auch zu. Der Wind frischt auf und die Strecke wendet sich von der Küste weg auf eine Hügelkette zu. Die ist durchaus gut zu fahren. Irgendwann sieht das Wetter vor mir nicht mehr gut aus. Die Straßen sind klatschnass, ich habe von dem Schauer nichts abbekommen. 

Da entwickelt sich was
Das ändert sich kurz vor Inverness. Die Route von Banff nach Inverness ist schön angelegt und bis auf wenige sehr steile Stücke gut zu fahren. Wenn das Wetter auch noch mitspielt, macht Radeln einfach Spaß.

Fehlplanung

Langsam komme ich in eine Gegend mit Destillerien. Natürlich möchte ich gerne eine besichtigen. In Elgin gibt es eine Destille im Ort, bei Forres, etwas weiter eine Museumsbrennerei etwas außerhalb des Ortes. Rund um Elgin liegen weitere Destillen, nur nicht an der Route. 

Wenn ich eine Besichtigung machen möchte, muss ich rechtzeitig da sein, duschen, umziehen. Also fällt die Entscheidung, in Elgin zu übernachten. Schnell ist ein geeignetes B&B zwischen Destille und Stadtzentrum gefunden und reserviert.

Vorgestern beschließe ich, mich um die Details zu kümmern. Als erstes fällt mir auf, das heute Sonntag ist. Uups. Ein Blick ins Netz, Sonntags gibts keine Besichtigungen in der Zieldestille, die Alternativen sind zu weit weg. Toll.

So schlendere ich durch Elgin und entdecke das Droughty Cobbler, das vollmundig regionale Biere und gutes Essen anpreist.

Sie preisen zurecht an. Zwei sehr gute und regionale IPAs eine vorzügliche Erbsensuppe mit Minze und sensationelle Biofussili mit Pesto und gebratenem Gemüse. Die Nudeln sind das beste, was mir aus dieser Richtung seit langem auf den Teller gekommen ist. Die Aromen greifen perfekt ineinander und fügen sich zu einem Ganzen. Gut, das ich in Elgin übernachte.

Nach dem Vergnügen – Arbeit

Von Udny Green geht es fern ab der Küste mehr oder weniger direkt nach Banff. Die Wettervorhersage sieht durchwachsendes Wetter vor, Sonne und Wolken im Mix, eventuell ein wenig Regen.

Das Wetter hat die Sonne vergessen. Es gibt einen Wechsel zwischen trockenen Phasen und Nieselregen, ein paar mal versucht der Nieselregel zum Sprühregen anzuwachsen. Es ist windiger als vorgesagt. Der Wind kommt aus nordwestlichen Richtungen. Die Landschaft ist von intensiver Landwirtschaft geprägt. Die wenigen Dörfer, die ich durchquere stehen als verlassene Kulissen in der Gegend herum, kein Pub, Inn sonst was. Die Menschen hier leben, wie fast überall in diesen Ecken zurückgezogen oder im Auto. Manchmal überholt eines oder kommt mir entgegen. Ansonsten ist die Fahrt vom Auf und Ab der Hügel und dem Wind geprägt. Da keimt in mir die Frage auf, warum ich das hier mache. Es gibt für kleines Geld All-Inclusive-Urlaub mit Strand und Sonne.

Schottland, wie es nicht im Katalog steht

Nach 50 Km kommt endlich eine größere Ortschaft, Turiff. Turiff hat ein Café: Latte und Schokoladenkuchen, lecker. Ab Turiff wird die Landschaft auch abwechslungsreicher. Der Weg folgt lange einem Fluss, es gibt das eine oder andere Herrenhaus und eine Ruine zu sehen.

Jetzt, um 20:00 Uhr scheint in Banff die Sonne. Heute waren es 73 Km und 800 Höhenmeter Arbeit. 

Schlemmen in Udny Green

Zwischen Aberdeen und Banff geht es über 100 Km durch relativ dünn besiedeltes Gebiet. Ein Planungsziel ist, die Abschnitte so einzuteilen, das die einzelnen Stücke auch unter schlechten Bedingungen sicher zu schaffen  sind. Daher ist meine Freude groß, als ich eines der wenigen Quartieren in Udny Green, direkt auf der Strecke buchen kann. Ein erster Check zeigt, es gibt kein Lebensmittelgeschäft vor Ort, aber ein Restaurant.

Ein wenig später fange ich an, mich mit den Details der Etappe auseinander zu setzen. Das Restaurant ist preisgekrönt und bietet Freitags und Samstags ein 4-Gänge-Menü an. Am Freitag bin ich in Udny Green. Der Preis für das Menü klingt gar nicht so schlimm, also muss ich da durch, und reserviere einen Tisch.

Das Restaurant mit dem schönen Namen „Eat on the Green“ sieht von außen einladend aus. Meine Wirtin hat Bedenken, dass ich in Radklamotten dort auflaufe und die anderen Gäste mit dem Duft von Steigungen (520 Höhenmeter) und Landstraße verwöhne. Ich kann ihre Bedenken mit Verweis auf meine Packtaschen zerstreuen. Das exzellente Badezimmer der Unterkunft hilft obendrein.

Ds Lokal ist gediegen ausgestattet, eine Mischung aus Klassik und modern und eine DJane legt Jazz auf. Es wirbelt unglaublich viel Personal herum, alle sind sehr aufmerksam und höflich. Ich wähle eine Vorspeisenauswahl des Hauses und als Hauptgang Seeteufel auf Nudeln mit frittiertem Kohl, Schinken und Zwiebeln. Der Ober hilft mir bei der Weinauswahl, und nach kurzer Beratung geht der Flaschenwein auch Glasweise.

Es werden vier Vorspeisen serviert, eine Art Haggis-Falafel in einer Minzsoße, Pflaume mit Walnuss, Meerrettich und Gedöns, Lachs und Erbsensuppe Das Haggis-Falafel und die Pflaume sind die Highlights. Danach kommt als Zwischengang ein Himbeer-Sorbet. Das schmeckt nach Himbeere, mehr nicht. Der Hauptgang ist sehr gut und die Weinempfehlung des Obers wirklich passend. Für ein exzellent war der Seeteufel ein Minütchen zu lange auf dem Ofen. Das Konzept mit Aromen und Texturen geht aber voll auf. Als Dessert wähle ich einen gesalzenen Käsekuchen mit Früchten der Saison und Peka-Nüssen. Das Dessert ist sehr gelungen.

Alles in allem ist es ein schöner Abend in der gehobenen Gastronomie. Manchmal ist so eine schrittweise Planung mit unvollständiger Information ein Segen.

 

Durchfuttern und Radeln von Montrose nach Portlethen

Montrose empfängt mich mich einem Schauspiel. Mit unglaublicher Geschwindigkeit drückt auflaufendes Wasser in die Lagune, genannt „The Basin“.

Die Innenstadt zeigt eher ein Trauerspiel. Es gibt viel Leerstand und nur wenige Restaurants. Schade, der preisgekrönte Pub mit den 20 Bieren serviert nur Snacks.

Am Ende esse ich Chicken Balmoral in dem nicht preisgekrönten Pub. Chicken Balmoral vereint Hühnetbrust, Haggis, Schinken und Whisky zu einem leckeren Gericht. Es ist sehr würzig, der Haggis sorgt für eine gewisse Wucht.

Von Montrose geht es weiter die Küste hoch. In Stonehaven gibt es, so hat es mein Vater in Erfahrung gebracht, die besten Fish & Chips in Schottland. 

Ich schaue mir den Hafen von Stonehaven näher an. Das erste, was ich höre, ist Schwäbisch: „So stelle ich mir einen schottischen Hafen vor.“ Die Dame hat recht, ich auch. Es gibt eine Reihe von Restaurants und Kneipen am Hafen, alle bieten Fish & Chips an, leidet keiner als kleine Portion. Hier will ich sitzen und die Atmosphäre genießen. Ich entscheide mich für ein Krabbensandwich. Die Krabben werden einer feinen Mayonnaise gewürzt mit Cayennepfeffer und Zitrone serviert, lecker.

Hafen von Stonehaven

Weiter geht die Fahrt nach Portlethen Village. Es ist ein kleiner Ort direkt an der Küste. Der Hafen ist klein.

Der Hafen von Portlethen Village

Hier bin ich dem Neuk ausgeliefert. Geräucherter Schellfisch im Bierteig: ein Genuss. Dazu trinke ich ein schottisches Craft-Bier, Schiehallion. Zu Abschluss empfiehlt mir die Wirtin Apple Crumble mit Vanillesoße, auch lecker. Der Küche des Neuk bin ich gerne ausgeliefert.

Nebel an der Golfküste – Glück?

Schon seit Tagen sieht der Mittwoch auf meiner Wetter-App bedrohlich aus. So bedrohlich, das ich die Vorhersage bei der Planung berücksichtige und mir einen etwas kürzeren Abschnitt als üblich vornehme. Die Kurzfristvorhersage für Dundee ist eindeutig: Morgens ist der Regen am schlimmsten.

Und richtig, als ich aufwache prasselt Regen gegen mein Fenster. Um 10:00 Uhr breche ich auf, es ist dunstig bis nebelig, die Straßen spiegelnass, aber es regnet nicht. Der Dunst, in dem machmal fahl die Sonne auszumachen ist, erzeugt eigene und irgendwie schöne Bilder.

Die Brücke über den Firth of Tay von Dundee aus gesehen

Ich radele durch viele kleine und große Badeorte und alle alle haben mindestens einen Golfplatz. Stellenweise scheint sich Golfplatz an Golfplatz zu reihen. Selbst ein größeres Militärgebiet, durch das ich radele, hat einen Golfplatz. Am Wegesrand stehen immer wieder Warnschilder, die vor herumfliegenden Golfbällen warnen. Ich fahre ja mit Helm. Auf der anderen Seite, ich radele außerhalb des Golfplatzes und soll mich vor den verirrten Bällen der golfspielenden Herrschaften in Acht nehmen?

Nach etwas mehr als halber Strecke treffe ich einen anderen Radreisenden und wir kreuzen die Finger, das das Wetter halten möge. 10 Minuten später fängt es an, zu nieseln. Es wird kein Regen daraus. Der erste Schauer geht herunter, als ich in meiner Unterkunft in Montrose bin. Meine Wirtin kann es kaum glauben, das ich beinahe trocken von Dundee herüber geradelt bin. Gute Planung und Glück gehabt!

Die Lagune von Montrose „The Basin“