London’s Calling

Ab Dartfort ist Nähe Londons präsent. Die Wegführung ist bis Greenwich meist nah an der Themse. Dann kommt die Cutty Sark, die auf der einen Seite sehr beeindruckend ist, auf der anderen mit angebautem Rummel auch an Wirkung verliert.

Am Ende siegt das Näschen. Ich finde ein Hotel in Leyton und im Bar/Restaurant-Bereich sehe ich jemand ein Craft-Beer trinken. Kurze Recherche:


Brew Dogs Punk IPA: kompromisslos gehopftes IPA mit hopfenbitterkeit schon im Antrunk. Im mittleren Teil Fruchtaromen, im Abgang Hopfenbitter.

Das passt für mich: London Punk IPA.

Die Brauerei liegt bei Aberderdeen quasi auf dem Weg. Ab jetzt habe ich ein neues Zwischenziel.

Pannen

Auf dem Weg nach London, nahe Dartfort, führte der Weg über einen engen Naturpfad mit Dieseln zur rechten und Brombeergestrüpp zur rechten.  Ich habe es  erst gehört, und dann sehr schnell gespürt: Der Hinterreifen entlässt seine Luft. Kurz ärgern, dann nachgedacht, die Pannenflüssigkeit würde zum Einsatz kommen. 


Nur 500 m weiter war die Luft wieder draußen. Ein schmaler Pfad in einem Naturschutzgebiet und Nieselregen sind keine Idealumgebung für einen Schlauchwechsel, aber ich kann es nun mal nicht ändern. Beim Schlauchwechsel fiel mir eine Stelle auf, an der die Pannenflüssigkeit nach außen getreten war.  Eine kurze Untersuchung ergab, die Karkasse war an der Stelle an der Seite brüchig und bereits porös. Der Entschluss war klar: ein neuer Mantel muss her. Als habe ich geschaut, ob am Wegesrand ein Fahrradgeschäft ist. 

Greenwich und die Cutty Sark bewundert, die Themse im alten Fußgängertunnel unterquert und bereits im Victoriapark merke ich erneut, wie das Hinterrad schnell Luft verliert. Der Victoriapark ist ein angenehmer Ort zum Rad flicken. Der Entschluss war klar: Google zeige mir die nahegelegenen Fahrradgeschäfte. Nix wie hin und einen neuen Mantel erwerben.

Wenn ich das Problem sofort vollständig gelöst hätte, hätte ich mir mindestens eine Stunde Bastelarbeit sparen können! Ich bin auf einem Haufen technischer Schulden rumgeradelt.

Impediments

Gestern gings mir richtig dreckig, schlechte Beine, schlechtes Wetter. Daher habe schon nach 45 Km eine Unterkunft gesucht. Geduscht ins Bett gelegt, und beim Aufwachen gemerkt: Fieber. Das ist nicht gut fürs Radeln. 

Impediment aus dem Weg räumen: Viel Wasser trinken, eine Parcetamol und schlafen, schlafen, schlafen. Heute morgen gings besser, ich habe aber das Sprintziel angepasst: 35 Km lockeres Rollen. Wobei Rollen ist bei einem Terrain ohne echte Ebenen so eine Sache.

Nicht aus dem Weg räumen lassen sich mit legalen Mitteln die vielen fantasievollen Wegsperren an Kreungen und Naturschutzgebieten. Die sind für Tourenradler bisweilen echt übel, weil zu eng.


Die häufigste Konstruktion die oben abgebildete. Da geht ein breiter Tourenkenker nicht durch.


Gern genommen wird auch diese prächtige Anlage. Ein voll bepacktes Tourenrad kommt da nur nicht um die Ecke und muss dann angehoben werden.


Ein Unikat ist bislang dies. Man muss nur mit der einen Hand das Tor aufhalten, und mit der anderen Hand das Rad über die beiden Schwellen heben.

Es bleibt die alte Frage: Ist das dumm, oder böse?

Bei diesen Impediments hilft nur ausprobieren, beobachten (wie kommen andere da durch) und so langsam besser werden.

To be continued.

Nachtrag, 03.08.2017: Die fiesen Varianten scheinen eine regionale Spezialität von Kent zu sein. In Essex und nun in Suffolk gibt natürlich auch die eine oder andere Barriere, aber da kommt man jeweils gut durch.

Canterbury – The Cricketers

Die Fahrt von Dover nach Canterbury glich einer Wundertüte: Sonnenschein und Rückenwind, brutale Steigungen und langgezogene Abfahrten und Regen von vorne. Die Kathedrale ist beeindruckend, in Teilen eingerüstet und gut besucht.

Mein Abendessen wollte ich in einem Pub, dem The Cricketers einnehmen. Es gab kein Essen, dafür John und Jack. Jack ist Trinker, Kommunikator und Performer (laut John nur wenn er betrunken ist).


Jack heißt nicht wirklich Jack, aber er gab einen passablen Jack Sparrow.

Reisen bildet: Deutsche Weihnachtsmärkte sind in Großbritannien ein echter Hit. Der in London sei riesig. Und alles sei echt deutsch, die Bockwurst, das Bier. Andere Städte veranstalteten inzwischen auch deutsche Weihnachtsmärkte. Dieselkrise – Exportnation – neue Ideen müssen her!

Whitestable Pale Ale: Fruchtig aber etwas laberig.

Shepherd Neame Spitfire: Ein feines lokales Ale, Enpfehlung von John. Angenehme Bitterkeit kombiniert mit leichten Frucharomen. Laut John wird der verwendete Hopfen ganz in der Nähe angebaut.

Die große Sicherheit 

Die Zufahrt zur Fähre ist sicher, soviel ist sicher. Viermal wird man kontrolliert:

  1. Von der Fährgesellschaft bei Zugang zum Port. Ausweis vorlegen inklusive.
  2. Grenzkontrolle bei der Ausreise aus Frankreich. 
  3. Grenzkontrolle bei der Einreise nach Großbritannien. 
  4. Vor Betreten des Schiffs wird noch mal das Ticket kontrolliert.

Das Auftreten an den Grenzkontrollen ist durchaus martialisch. Da stehen schwer bewaffnete Menschen herum und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit.

De Panne und Dünkirchen

berüßen mich mit Regen und Gegenwind.

Richtig ungemütlich ist es hier. Wind und Regen von vorne. Bei der Planung dachte ich, nach zwölfeinhalb Stunden Zugfahrt ist Bewegung ganz angenehm. Nach einer Weile ist der Frontverlauf klar erkennbar. Ich radle drauf zu. Ankunft im Hotel bei klarem Himmel.

Belgien ist anders 

Die Fahrradmitnahme ist in der belgischen Bahn unkompliziert. Auf meine Reise hatte ein Zug ein Fahrradabteil, oder soll man sagen eine Kammer für alles mögliche. In den ICs gibt es keine Fahrradabteile, die Fahrräder werden in die großezügig bemessen Eingangsbereich gestellt.

Das ist eben unkompliziert aber manchmal auch etwas chaotisch. Im letzten Zug war es zu Beginn recht beengt, die anderen Passagiere mussten sich an mir und dem Rad vorbeiquetschen. Als der Schaffner kam war ich gespannt, in deutschen Zügen wird da schon mal zurecht gewiesen und im schlimmsten Fall rausgeschmissen. Der belgische Schaffner wollte nur wissen, ob ich dafür eine Fahrradkarte habe.

Auch einen anderen Typen gibt es naturgemäß in Belgien nicht. Den Fahrradabteil-Blockwart. Er achtet peinlich genau darauf, das jedes Fahrrad an der reservierten Stelle steht und prakmatische Lösungen (ich steige erst Enstation aus …) nicht zustande kommen. Bei der Fahndung nach Falschparkern gehen diese robusten Leute sehr weit.

Es geht los – München- Dünkirchen

Als gestern die Vorbereitungen abgeschlossen waren, machten sich Müdigkeit und eine gewisse Angespanntheit breit.

So sitze ich nun ausgeruht im Zug. Die Reise beginnt gut: Das Fahrradabteil ist ganz vorne. 

Auf die Bahn ist Verlass: der Zug muss wegen eines Defects anders rum fahren. Mein schöner Puffer ist dahin. Wenn es bei den angekündigten 25  Minuten bleibt, bekomme ich noch einen anderen Zug nach Aachen und die geplante Verbindung in Belgien.

Bei der Bahn zu arbeiten kann keinen Spaß machen. Ständig müssen die sich für irgendwas entschuldigen. 

Vermessen

Immer wieder habe ich auf dem neuen Rad leichte Sitzprobleme gehabt. Nichts wirklich schlimmes, aber ich bin schon besser auf Rädern gesessen.

Immer wieder habe ich an der Sitzposition herum gebastelt, aber so richtig erfolgreich war keine Veränderung. Ein Kollege meinte „Lass doch mal eine Sitzpositionsanalyse machen.“

Vor einer Woche war es so weit. Besuch im Radlabor. Freundlich erklärte mir mein Berater Peter alle Schritte.

Das Fahrrad wurde vermessen, der Fahrer auch. Die Daten wurden sofort in den Computer übertragen. Das ganze machte einen sehr professionellen Eindruck.  Das Ergebnis wurde grafisch und in Zahlen aufbereitet. Peter machte sich sofort an die Arbeit. Der Sattel musste tiefer und weiter nach vorne. Ein kürzerer Lenkervorbau musste her. Außerdem wurde mir ein anderes Sattelmodell empfohlen. Natürlich nicht ohne zuvor die Sitzknochen vermessen zu haben. Die neuen Teile konnte ich direkt kaufen und sie wurden sofort eingepasst. Anschließend wurde wieder vermessen. Die Abweichungen vom berechneten Ideal waren nun nur noch minimal.

Peinlich, peinlich: Auch der Winkel der Platten in meinen Fahrradschuhen sollte minimal geändert werden. Nicht nur, das da noch Waldbodenreste klebten, nein die Platten waren nach 14 Jahren nicht mehr von den Schuhen zu lösen.

Das Ganze nahm eine Stunde und 20 Minuten in Anspruch und ich hatte jederzeit das Gefühl, der Peter wusste, was er tat.

Die erste Ausfahrt am Samstag war eine echte Verbesserung. Ich saß definitiv besser auf dem Rad, die leichten Sitzprobleme waren weniger geworden. Nun ja, die erste Ausfahrt auf einem neuen Sattel ist noch nicht aussagekräftig.